Wozu dienen Systemische Aufstellungen?
Mit Hilfe einer Aufstellung können wir veranschaulichen und von außen betrachten, wie wir eine Situation, ein Thema, ein Problem, eine Beziehung, etc. wahrnehmen: Wer und was spielt dabei eine Rolle und wie stehen die Elemente zueinander da? Dadurch werden mehr Hirnareale aktiv als bei rein sprachlicher Darstellung, bildliche Vorstellung und intuitive Wahrnehmung dürfen sich beteiligen und liefern Ideen und Erkenntnisse mit. Das Betrachten von außen (Dissoziation in gesunder Form) hilft dabei, aus dem automatischen Reagieren herauszutreten und neben den Bäumen auch wieder den Wald zu erkennen – statt vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen. Schon alleine dieser Überblick kann zu deutlich mehr Gelassenheit und Verstehen führen.
Neben dieser Dissoziation im positiven Sinne ermöglichen Systemische Aufstellungen es auch die Welt – oder wenigstens die Situation – mit anderen Augen zu betrachten, indem wir uns in die Positionen der einzelnen Systemelemente hineinbegeben. Auch neue Assoziationen sind also möglich.
Drittens können wir in einer Aufstellung risikofrei mit Veränderungen und Lösungsmöglichkeiten herumspielen, indem wir Blickrichtungen verändern, Elemente verschieben, ergänzen oder herausnehmen und einfach mal schauen und fühlen, was davon zu halten wäre. Wir können dann immer noch entscheiden, in der Realität lieber alles beim Alten zu lassen. Manchmal reicht es schon, wieder einen Überblick zu haben.
Welche Elemente werden aufgestellt?
Aufgestellt werden kann alles, was irgendwie zu einer Fragestellung gehört, zum Beispiel Personen, Gefühle, innere Anteile, Rollen, Hindernisse, Ressourcen, Ziele, Glaubenssätze, Grenzen und Räume. Das für ein Anliegen relevante System besteht in der Regel aus verschiedensten Aspekten, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Hier die wesentlichen Elemente zu finden, zu benennen und anzuordnen, kann schon enorm viel innerlich in Bewegung bringen.
„Material“ für Systemische Aufstellungen
Wie soll man denn ein Gefühl aufstellen? Oder den inneren Schweinehund? Oder den Onkel, der so gar keine Lust hat, mit in die systemische Beratung zu kommen? Ganz einfach: Wir ersetzen die Elemente durch Symbole und Stellvertreterinnen bzw. Stellvertreter. In meiner Beratungspraxis sind das keine anderen Personen, die darauf warten, dass ein Klient oder eine Klientin sie für eine Aufstellung gebrauchen kann.
Verbreitet und auch von mir bei Präsenzberatungen eingesetzt sind dagegen Holzfiguren, Tierfiguren, Bauklötze und alle möglichen kleinen Gegenstände, die gerade so greifbar sind. Es lassen sich auch gut Naturmaterialien einsetzen, die draußen vor der Tür zu finden sind. Da kann die Wut dann schon einmal ein Stein sein, der als Barriere zwischen Holzfiguren liegt, die Mitglieder eines Freundeskreises symbolisieren. Wer ausreichend Sitzgelegenheiten hat, nimmt gerne verschiedene Stühle, die sich gut im Raum anordnen lassen. Auch mit Jahreszahlen oder Namen und Begriffen beschriftete Zettel, die auf dem Boden ausgelegt werden, lassen sich gut nutzen und werden in der Beratungsszene als „Bodenanker“ bezeichnet.
In der systemischen Online-Beratung nutze ich gerne das Online-Systembrett, dass neben Figuren auch Symbole und Flächen bereitstellt, die sich alle in ihrer Größe verändern lassen. Hier ist ein Vorteil, dass die oben beschriebene Perspektiveinnahme sehr direkt möglich ist, indem der Klient oder die Klientin auf die Innenansicht klickt. Bei weniger stabiler Internetverbindung oder anderen Anliegen passt es manchmal besser, auf ein virtuelles Whiteboard auszuweichen, das ausreichend Symbole und Zeichenmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Auch da lassen sich Elemente und Elementegruppen leicht per Drag and Drop verschieben, um mögliche Veränderungen zu veranschaulichen.


Das ist nicht gemeint
Mit systemischen Aufstellungen sind hier nicht Veranstaltungen gemeint, in denen Hypothesen und Interpretationen als Fakten dargestellt werden und Beraterinnen, Berater, Therapeutinnen oder Therapeuten sich selbst die Deutungshoheit zuschreiben oder Behauptungen aufstellen, wie die Ordnung einer Familie zu sein hat. Im Einvernehmen mit der DGSF möchte ich mich von solchen Veranstaltungen deutlich abgrenzen (s. Stellungnahme der DGSF zu Familienaufstellungen).
Fazit
Systemische Aufstellungen können den Blick auf eine Situation oder ein Problem deutlich erweitern, spannende Erkenntnisse und Ideen hervorbringen und spielerische Veränderungssimulationen ermöglichen. Zugleich setzen sie manchmal mehr innerlich in Bewegung als zunächst erwartet und sollten nur bei ausreichend Zeit und mit Bedacht eingesetzt werden. Auch wenn es eine sehr bekannte systemische Methodik ist, gibt es zahlreiche weitere und manchmal passendere Methoden. Letztlich geht es immer darum, Handlungs- und Denkmöglichkeiten zu erweitern, Ressourcen zu aktivieren und Klientinnen und Klienten zu ermutigen. Wenn eine Aufstellung in dieser Hinsicht kontraproduktiv ist, ist sie fehl am Platz.